Ab dem 04.06.2018 konnte ich einen Einblick in den Theaterbetrieb des Nationaltheaters Mannheim nehmen. Ich arbeitete im Werkhaus, in dem viele verschiedene Werkstätten zusammengeschlossen sind, wie z.B. die Malerei, Schlosserei, Schreinerei, Dekorations- und Polsterabteilung (Deko) oder die Plastiker. Geplant war, dass ich die erste Woche bei der Deko und die zweite Woche bei den Plastikern verbringen sollte. Auf den Praktikumsplatz bin ich durch meinen Vater gekommen, der dort in der Schreinerei arbeitet.
Arbeitsbeginn war am Montagmorgen um 7:00 Uhr bei der Deko mit einer speziellen Arbeitskleidung, die aus einer stabilen Arbeitshose und aus mit Stahlkappen verstärkten Schuhen bestand. Zuerst fand eine kurze Besprechung statt und danach durfte ich mich erst einmal umschauen. Obwohl alle Mitarbeiter sehr viel zu tun hatten, nahmen sie sich Zeit für mich, z.B. wurde mir gezeigt, wie man richtig mit einer Industrienähmaschine umgeht. Nachdem ich einige Übungen gemacht hatte, fing ich an, mein erstes Kissen zu gestalten. Vor meinem ersten Rundgang durch das Werkhaus setzten wir uns zu einem gemeinsamen Frühstück, gegen 9:00 Uhr, zusammen. Nach der Mittagspause um 12:00 Uhr, gingen wir zu einer Bauprobe in das Opernhaus, die regelmäßig zu neuen Stücken gehalten wird. Außerdem stellte das Team (Bühnen- und Kostümbildner) das neue Stück vor und präsentierte die Anforderungen an die jeweiligen Werkstätten. Der erste Arbeitstag endete um 15:30 Uhr.
Die erste Woche arbeitete ich hauptsächlich an eigenen Projekten (wie z.B. den Kissen), die ich am Ende der Woche mit nach Hause nehmen durfte. In den nächsten Tagen darauf änderte sich recht wenig am Tagesablauf. Oft wurden wir von Schulklassen besucht, die eine Führung durch das Werkhaus erhielten. Regelmäßig wurde ich von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen besucht, die mir einen Einblick in ihren Beruf gewährten. Am dritten Tag lernte ich z.B. die Schneiderei kennen. Am besten hat mir der riesige Fundus an Kostümen, Ballkleidern und verschiedensten Kleidungsstücken aus allen Stilrichtungen und Epochen für jede erdenklichen Rollen gefallen. Den nächsten Tag erhielt ich einen Einblick in die Schreinerei, wo mir der Chef der Abteilung Baupläne in seinem Büro gezeigt und verschiedene Maschinen, wie z.B. Säge- und Schleifmaschinen, vorgeführt und erläutert hatte. Tags darauf wurde mir der Beruf des Maschinisten vorgestellt. Er ist für die komplette Technik sowohl während den Proben als auch während den Aufführungen zuständig, z.B. für die Drehbühne. Außerdem hat er mir die Funktion des Schnürbodens, in dem die verschiedenen Bühnenbilder (Vorhänge) befestigt waren, erläutert. Besonders eindrucksvoll war die kleine „Klettertour“ auf das Dach des Theatergebäudes. Dorthin gelangten wir durch die große Rauchabzugsklappe und hatten einen atemberaubenden Blick über ganz Mannheim. Bei diesem Rundgang lernte ich auch, dass das Nationaltheater seit vielen Jahren unter Denkmalschutz steht. Dies stellt eine große Herausforderung dar, da in naher Zukunft das Nationaltheater saniert und renoviert werden soll.
Im Laufe der Woche zeigte mir eine Requisiteurin, die für die Beschaffung, Aufbewahrung und Verwaltung der Requisiten für ein Theaterstück verantwortlich ist, deren riesigen Fundus im Keller. So konnte man dort für alle erdenklichen Szenen Materialien finden, wie z.B. Flaschen, Geschirr, Möbel, Arztinstrumente, unechtes Essen oder sogar ausgestopfte Tiere. Außerdem lernte ich den „Waffenmeister“, einen Mitarbeiter der Requisite, kennen, der sich um die Verwaltung der Waffen kümmerte. Er erklärte und zeigte mir viele verschiedene Stichwaffen, wie z.B. Schwerter, Degen, Messer oder Dolche. Er ist zudem für die pyrotechnischen Effekte zuständig, also wenn beispielsweise ein Gewitter nachgebildet werden soll.
In der zweiten Woche wechselte ich in die Abteilung der Plastiker, wo ich handwerklich sehr produktiv wurde. Die Plastiker machen Abbilder der Realität, also imitieren alle möglichen Gegenstände mit unterschiedlichen Materialien, wie Styropor, Ton, Holz oder auch Metall. Meine Aufgabe war es, ein Ornament aus einem Styroporwürfel zu schnitzen, wofür ich auch die komplette Woche brauchte. Am vorletzten Tag durfte ich bei der Schuhmacherei vorbeischauen. Zusammen mit einer Mitarbeiterin stellte ich einen Ledergürtel her. Die Schuhmacherei fertigt die verschiedensten Accessoires aus Leder, wie Gürtel, Taschen, Geldbeutel und Messerscheiden an. Am darauffolgenden Tag hatte ich den Beruf des Produktionsleiters kennengelernt, der ein elementares Bindeglied zwischen Werkstätten und Bühnenbildner darstellt. Er kontrolliert Kosten, Zeit und Aufwand zur Herstellung des Bühnenbildes von den Werkstätten.
Zusammenfassend war es eine sehr interessante und aufregende Zeit, da ich viele unterschiedliche Berufsgruppen kennenlernen durfte und somit einen umfassenden Einblick in den Theaterbetrieb bekommen habe. Wie umfangreich und komplex der Weg eines Theaterstückes bis zur Premiere ist, wurde mir erst durch diese Zeit bewusst.
In der letzten Schulwoche vor den Herbstferien gestalteten die 10. Klassen für die Neuntklässer eine Praktikumsmesse, in denen die vielfältigen Eindrücke und Erfahrungen, die in den Praktika gesammelt wurden, im Vordergrund standen. Während der Messen konnte man gut auf die Interessen der Neuntklässer eingehen und alle Fragen ausgiebig beantworten. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sein Praktikum vorzustellen und die Schüler bei ihrer Praktikumsauswahl zu beraten und zu unterstützen.
ein Bericht von Hannah Braun (10b)